Übersicht
Oberstufe des Sarganserlandes
Ausgestellt: Rechtsradikale und Gewalt, nein danke!
"Die Menschenrechte sind im Sarganserland für alle verpflichtend. Wir dulden keinen Rassismus, welcher Art auch immer!" Bezirksschulratsprädident Hans Bigger liess keinen Zweifel am Ziel des gemeinsamen Grossprojekts aller Oberstufenzentren des Sarganserlandes. Behörden und Schulen arbeiteten ein Schuljahr lang zusammen, um rechtsradikalen Strömungen in ihrer Region und an ihren Schulen entgegenzutreten. Sie taten dies mit einer Wanderausstellung, zu der jede Schule ihren Beitrag leistete und welche - einmal fertig gestellt - jede Schule durchlief. "Ich bin überzeugt davon, dass man mit guter Aufklärung Prävention erreichen kann", so Bigger.
Die Initialzündung
Der Anlass war konkret und gebot Handeln: Im Jahr 2000 trat im Sarganserland zunehmend eine rechtsextreme Szene in Erscheinung. Eine Szene, in der sich auch Jugendliche der Region heimisch fühlten. Nicht wegsehen wollte man von Seiten der Bevölkerung und gründete darum das Bündnis gegen "Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt." Über alle Parteigrenzen hinweg wollte man im Sarganserland gegen diese menschenverachtende Tendenzen vorgehen. Unverzichtbare Partner dabei: die Schulen. Als das Gesuch des Bündnisses an den Bezirksschulrat gelangte, worin um aktive Mitarbeit gebeten wurde, war es für die Aufsichtsbehörde der Volksschulen selbstverständlich, ihren Beitrag zu leisten. "Wir hatten festgestellt, dass unsere SchülerInnen die geschichtlichen Abläufe und Hintergründe der letzten 50 bis 100 Jahre nicht, oder nur sehr oberflächlich verstehen", erklärt Bezirksschulratsprädiden Hans Bigger die Motivation. "Die jungen Leute rennen Idolen nach, die sie nur vom "Hören und Sagen" kennen und viele sind sich nicht bewusst darüber, was eigentlich wirklich inder jüngsen Geschichte passierte."

Die Ziele
Einig war man sich in der Behörde rasch darüber, was es galt, den SchülerInnen zu vermitteln: Die Gewährung der Menschenrechte, welche für alle verpflichtend sind, stellte das Leitmotiv dar. Keinen Rassismus, welcher Art auch immer, wollte man im Sarganserland dulden. Über Aufklärungsarbeit sollte den SchülerInnen explizit vermittelt werden, dass es Wege gibt, sich auch gegen den Gruppenzwang zu emanzipieren und jede Gewaltanwendung zu verurteilen und zu bekämpfen. So wollte man den Einstieg in die rechtsextreme Szene erschweren. Ziel des Projektes war es überdies, den Jugendlichen eine Plattform zu bieten, ihre eigenen Ängste, Hoffnungen, Wünsche und Visionen auszudrücken. Sie sollten auch für mehr Toleranz und ein friedliches Miteinander werben dürfen.

Die Anwärmphase
Eine eigens gegründete Arbeitsgruppe schrieb sich die Aufklärungsarbeit an den Oberstufen auf die Fahnen. In der Gruppe sassen der Sarganser Bezirksschulratspräsident Hans Bigger (Gesamtkoordination), Schulratspräsident Beat Zindel, Kantonsrat Bernhard Aggeler, Reallehrer und Vertreter des Bündnis gegen Rechtsextremismus sowie Michael Nagy, Historiker, LehrerInnen und Präsident einer Guggenmusik ein. Innert einer zweimonatigen Projektvorbereitungsphase erarbeiteten sie die Idee einer Wanderausstellung.

  • Das Konzept
    • In einer ersten Phase soll das Thema als Schwerpunkt im Unterrricht der OberstufenschülerInnen bearbeitet werden.
    • Im Rahmen der zweiten Phase gestaltet jedes der acht Oberstufenzentren einen Teil der Wanderausstellung.
    • Drittens schliesslich sollen die Teile zusammengeführt und die gesamte, bezirksweit ausgearbeitete Wanderausstellung, durch die Schulen touren.

  • Ausserdem
    • Nach der LehrerInnenorientierung an den einzelnen Schulen mussten vor allem die inhaltlichen Schwerpunkte festgelegt werden, mit denen das Thema im Unterricht erarbeitet werden sollte. Gemeinsam mit LehrerInnenteams der Schulgemeinden besprach und ergänzte Geschichtslehrer Michael Nagy die von Ihm erarbeitete Themensammlung: Beispiele: Toleranz/Intoleranz, Ordnung im Begriffschaos, Ausländer in der Schweiz, Flüchtlinge/Asylbewerber/innen, Vorurteile und Klischees gegen Ausländer, Integration, Antisemitismus, die rechte Ideologie, Skinheads, Rechtsextremismus in der Schweiz, Nationalsozialismus, gewalttätige Jugendbanden etc.

    • Nicht allein inhaltliche, auch ganz funktinale Rahmenbedingungen für das Grossprojekt hatte die Arbeitsgruppe abzuklären, bevor die eigentliche Arbeit in den Schulen beginnen konnte: Einheitliche Ausstellungswände sollten zur Verfügung gestellt werden. Angebote mussten eingeholt werden, die Finanzen geklärt, Anträge, wie der an den Fonds "Projekte gegen Rassismus und für Menschenrechte", wurden gestellt.

    • Quartalsweise wurden Gruppentreffen initiiert, um Standortbestimmungen durchzuführen, weiteres Vorgehen zu besprechen, bisher Erreichtes zu überprüfen und die Öffentlichkeits- und Pressearbeit zu koordinieren.

Die Umsetzung
Viel inhaltliches und koordinatorisches Engagement war bei diesem Grossprojekt gefragt. Aus allen acht Oberstufenzentren von Quarten bis Flums, von Mels bis Taminatal beteiligten sich 26 Klassen mit 480 SchülerInnen. Alles in allem entstand so eine Wanderausstellung mit 39 kreativen Stellwänden zum Thema "Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt.". Und so klappte es:

  • Jede Oberstufe des Bezirks legte sich auf ein Thema oder den Teilaspekt eines solchen aus der Themenliste fest.

  • Schulgemeinde-intern wurde der Beitrag zur Wanderausstellung in der dafür vorgesehenen Zeit erarbeitet: Das erste Semester des Schuljahrs galt dabei der Arbeit im Klassenverband. Das Projektthema wurde in den Lehrplan integriert (Mensch und Umwelt, Geschichte, Individuum und Gemeinschaft, Deutsch und Religion). Am Ende des Semesters sollten die ausgestalteten Ideen der SchülerInnen auf die Ausstellungswände montiert werden. Der Fantasie waren dabei keine Grenzen gesetzt. SchülerInnen und LehrerInnen konnten ihre Präsentationen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und Medien zeigen.

  • Wann welcher Beitrag zur Wanderausstellung an welches Schulhaus transportiert werden sollte, wurde von der koordinierenden Projektgruppe in einem Zeitplan festgelegt. Die Einhaltung dieses Zeitplans oblag der jeweiligen Schulleitung. So konnte die Wanderausstellung Schritt um Schritt zusammengeführt werden.

  • Der Auftrag für die Fertigung der Ausstellungswände sowie den Transport der kompletten Wanderausstellung ging an die Behindertenwerkstätte Arwole, Sargans.

  • In Anwesenheit von PolitikerInnen, Fachpersonen, SchülerInnen und anderen interessierten Gästen wurde die Wanderausstellung eröffnet. Gedanken und Hintergründe zum Nord-Süd-Gefälle, zur Völkerwanderung, zu kulturellen Differenzen, AusländerInnen in der Schweiz und der Vermischung der Kulturen fanden sich auf den Wänden. Vier Monate lang durchlief sie danach acht Oberstufenzentren. Zu festgelegten Zeiten war sie dabei auch der Öffentlichkeit zugänglich. Mit Berichte in der Presse, auf dem Internet und über Inserate wurde jeder Ausstellungsort beworben. Den Projektklassen war es vorbehalten, die Ausstellungdauer an ihrer Schule mit einem Rahmenprogramm zu begleiten. So führten manche Klassen ihre MitschülerInnen durch die Ausstellung und erklärten ihre Ideen. Andere veranstalteten ein Schattentheater, organisierten eine Eröffnungsfeier oder luden andere Mittelschulklassen ein. Insgesamt verzeichneten die Schulen rund 1'500 Schülerbesuche.

  • Als nachhaltiges "Zubrot" und künftiges Unterrichtsmittel wurde die Wanderausstellung digital auf einer Foto-CD und in einer Broschüre festgehalten.

Die Kreativen
Ein vierköpfiges Projektteam, die Schulleitungen von 8 Oberstufenzentren, 26 Schulklassen, 480 SchülerInnen mit ihren LehrerInnen stellten dieses Projekt auf die Beine.

Die Adressaten
Vor allem die OberstufenschülerInnen des 7. bis 9. Schuljahrs wollten die Projektverantwortlichen erreichen. Über die Ausstellungseröffnung und die Medien wurden darüber hinaus aber auch Eltern und die breite Öffentlichkeit erreicht. Zudem kam es zu vielen Besuchen von Mittelschulklassen.

Die Bilanz
Von grosser Begeisterung bis zur Skepsis, was die langfristige Wirkung des Projektes betrifft, kam den Projektverantwortlichen nach Abschluss zu Ohren. Alles in allem jedoch wurde das Projekt äusserst positiv bewertet. Besonders, weil die fundierte Auseinandersetzungen mit diesem heiklen Thema in den Klassen regen Austausch und aktives Handeln verursachte und die SchülerInnen über die Schulhäuser hinweg in Kontakt und in Diskussion traten. Vor allem viele SchülerInnen anderer Kulturen begeisterten mit "überdurchschnittlichen" Beiträgen, beurteilten ihre Lehrer. Nicht bei allen "ausländischen" SchülerInnen allerdings kam das Projekt jedoch gut an. Manche fühlten sich zu sehr in den Schaukasten gestellt. Zu Kontakten mit Skinheards kam es ausser in Sargans nicht. "Vielfach bemerkte ich, dass die ältere Generation sich mit der Jugend über geschichtliche Hintergründe unterhielt. Das allein schon war das Engagement wert", so Bezirksschulratspräsident Hans Bigger.

Die Finanzen

  • Gesamtkosten: gut 22'000 Franken
  • Beiträge und Subventionen: 34'200 Franken
    davon Schulfonds, Stiftung Bildung und Entwicklung: 30'000 Franken

Da aus Kapazitätsgründen auf eine ursprünglich eingeplante Schlussveranstaltung verzichtet wurde, ging ein Restbetrag von knapp 12'000 Franken an die Projektklassen. Auflage: Das Geld muss in Zusammenhang mit dem Thema verwendet werden, z.B. ein Besuch im KZ Dachau bei München etc.

Noch ein paar Tipps

  • Das Projekt erfordert viel Engagement und ist mit einem hohen Zeitaufwand verbunden. Grosszügige Planung ist nötig, eventuell einen Teil der SchülerInnen der Projektklassen als ModeratorInnen ausbilden, um die Projektlehrkräfte zu entlasten.
  • Unbedingt eine MedienvertreterIn anbinden.

Kontakt
BSR Hans Bigger, Neue Wangserstrasse 2, 7320 Sargans, Telefon 081 723 74 41

 
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