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Schulhaus Grenzhof, Luzern
Den Kinderrechten Gestalt geben
Ihre Wurzeln liegen in Albanien, Sri Lanka, Österreich und Kenia, der Schweiz, im Iran und in Italien. Und das sind längst nicht alle Nationalitäten, die sich im Grenzhof Schulhaus finden. Eben darum hat es sich die Lehrerschaft dort zum Ziel gesetzt, das respektvolle Zusammenleben zu fördern. Während einer Projektwoche mit dem Theaterpädagogen William Arunategui machten die SchülerInnen die Erfahrung, was es heisst, diskriminiert zu werden und Opfer zu sein. Sie erarbeiteten Möglichkeiten, um positiv eingreifen zu können und hörten viel über Kinderrechte. „Die Kinder gehen heute viel vertrauter und offener miteinander um“, zieht Schulhausleiterin Monika Portmann zufrieden Bilanz.
Die Initialzündung
Im Primarschulhaus Grenzhof liegt der Anteil der Kinder fremder Herkunft bei über 70 Prozent. Bereits im Schuljahr 2001/02 erarbeitete das Team der Lehrpersonen ein Leitbild mit dem Motto „gemeinsam – lebendig – bewegt – unterwegs.“ Ziel davon ist es unter anderem, innerhalb eines so multikulturellen Schulhauses, mit Kindern verschiedenster Hautfarbe, Religion, sozialer Umfelder und Sprache, den Umgang im Sinne der gegenseitiger Achtung, der Gleichwertigkeit und Toleranz vorzuleben und zu fördern. Die Projektwoche, die auch Eltern und QuartierbewohnerInnen einbezog, sollte dazu beitragen, diese Haltung zu festigen.

Die Ziele
Lustvoll und spielerisch, so sollte die Projektwoche „Kinderrechte – we are the world“ von den SchülerInnen erlebt werden. Was ist es, das den anderen anders macht? Wie gehe ich damit um und was kann ich von ihm lernen? Was verbindet uns? In welchen Situationen treffen wir Rassismus an und was sind überhaupt Kinder(Menschen-)rechte? Über Inhalte wie diese und mit Hilfe verschiedener Ausdrucksformen sollten rund 120 SchülerInnen aus sechs Klassen Mechanismen des Ausschlusses und der Diskriminierung kennen und reflektieren lernen. Lösungsansätze zu deren Überwindung sollten ausprobiert und Zivilcourage geübt werden. Ziel war es, den Kindern ihre eigene Verschiedenheit, aber auch die daraus resultierende Einmaligkeit ihrer selbst ins Bewusstsein zu rufen. Sie sollten befähigt werden, auch die Verschiedenheit der anderen zu schätzen und zu respektieren; gemäss des ersten der zehn Grundsätze der Kinderrechte: „Alle Kinder, egal welche Hautfarbe sie haben, ob sie ein Mädchen oder ein Junge sind, welche Sprache sie sprechen oder welcher Religion sie angehören, haben das Recht, gleich gut behandelt zu werden.“

Die Anwärmphase
Eine organisatorisch aufwändige und inhaltlich anspruchsvolle Projektwoche wie diese bedarf gezielter Planung. „Ein halbes Jahr Zeit benötigt dies schon“, rät Schulhausleiterin Monika Portmann. Die Projektwoche im Grenzhof Schulhaus wurde von einer vierköpfigen Projektgruppe des Lehrpersonen-Teams vorbereitet. Diese Gruppe wurde von einem MitarbeiterInnen der Fachstelle für die Beratung und Integration von Ausländerinnen und Ausländern, FABIA, begleitet. In den Entscheidungsprozess sowie in die Planung und Umsetzung, d.h. in die Erarbeitung der Grundausrichtung und Zielsetzung der Projektwoche, war jedoch das gesamte Lehrpersonen-Team involviert. Zudem setzten sich alle Lehrpersonen individuell und in Stufengruppen mit der Thematik auseinander und bereiteten den Stoff für die Ateliers in ihren Klassen vor. Festgelegt wurde:

  • Die Projektwoche vom 17. bis 21. November soll sich vom schulischen Alltag abheben.
  • Zum Thema Kinderrechte soll in Ateliers gearbeitet werden: Drei Gruppen aus je zwei Klassen (ca. 40 Kinder pro Gruppe). Für die Atelierarbeit wird die Gruppe in vier Untergruppen aufgeteilt.
  • Alle Klassen können pro Tag in klassenübergreifenden Gruppen rund zwei Stunden mit dem TheaterpädagogInnen arbeiten Die an den Klassen unterrichtenden LehrerInnen begleiten die Klassen (pro Gruppe 2-4 Lehrpersonen)
  • Am Internationalen Tag des Kindes, dem 20. November, wird es einen Elternanlass geben, zu dem auch die Quartierbevölkerung, die Presse und der Quartierpolizist eingeladen werden.
  • Am Tag darauf soll eine gemeinsame Abschlussfeier die Projektwoche beenden.

Die Umsetzung

  • Projekttage: Bei so viel Planung konnte eigentlich nichts mehr schief gehen. Und das tat es auch nicht. Jeden Tag der Projektwoche begannen die SchülerInnen gemeinsam mit dem Lied „We are the world“. Anschliessend, gegen 8.15 Uhr, führte der kolumbianische Theaterpädagoge, Mime und Pantomime William Arunategui mit einem Spiel, einer Darbietung oder einer gemeinsamen Aktivität in das Thema ein. Dann ging es für die einzelnen Gruppen in die Schulzimmer, wo in Form von Ateliers mit den Lehrpersonen am Thema „Kinderrechte“ gearbeitet wurde. Diese Ateliers waren altersgerecht gestaltet, sollten durch Körperarbeit und Rollensspiele alle Sinne der SchülerInnen ansprechen. So wurden beispielsweise die Rechte der Kinder pantomimisch wie zeichnerisch verdeutlicht und symbolisch dargestellt. Je zwei Stunden pro Tag arbeitete jede der drei Gruppen mit dem Theaterpädagogen. Das beinhaltete: Durch Theaterimprovisationen, in Spielen, Rollenspielen, durch Bewegung, Musik, Pantomime schlüpften die Kinder in die Haut anderer Personen, kreierten Phantasiesprachen und -geräusche, erlebten verschiedenste Lebenssituationen. Stets vor dem Hintergrund von Inhalten wie „Menschliche Unterschiede“, „Andere Kulturen/Religionen“, „Menschenrechte und -verletzungen“, „Zivilcourage“ und „Handeln in Situationen“.

  • Elternanlass: Am 20. November, dem Tag des Kindes, ging es rund in der Aula der Schule. Um 18 Uhr fand dort ein Elternanlass statt. Die Schülerschaft begrüsste die Gäste in verschiedensten Sprachen und sang das Projektwochen-Lied „We are the world“. Stolz präsentierten die Kinder ihre Improvisationen zum Thema „Kinderrechte“. Extra für diesen Anlass in fünf verschiedene Sprachen übersetzt, wurde den Eltern das Schulhausleitbild übergeben. Zum Schluss erwartete alle ein Apéro mit „Fingerfood“-Spezialitäten aus 17 Ländern.

  • Abschlussfeier: Am Tag darauf, dem letzen Wochentag, trafen sich Lehrpersonen, alle Kinder und einige Eltern noch einmal in der Aula. Die Kindergruppen zeigten ausführlich ihre Improvisationen und verabschiedeten den Theaterpädagogen. Viel Jubel gab es, als die Kinder ihre Wünsche auf Kinderrechtskarten schrieben, an Ballons hefteten und diese steigen liessen.

Die Kreativen
Die gesamte Lehrerschaft samt Schulhausleitung, ein externer Theaterpädagoge, ein Berater der externe Fachstelle FABIA, 120 SchülerInnen und viele Eltern, welche zum multikulturellen Apéro beitrugen.

Die Adressaten
Toleranz, Freundschaft und Respekt sollte die Projektwoche vermitteln. Dabei lag das Augenmerk besonders auf den SchülerInnen der Primarschule, auf den Lehrpersonen, den Eltern und der Quartierbevölkerung. Über die Berichterstattung in der Presse erfuhr aber auch eine breitere Öffentlichkeit in Luzern vom Projekt.

Die Bilanz
„Da wichtigste am Projektergebnis war der spürbar bessere Zusammenhalt innerhalb unseres Schulhauses“, resümiert Schulhausleiterin Monika Portmann. Zwischen den Kindern sei der Umgang vertrauter und offener, die Kinder wie Eltern hätten ein sehr positives Feedback abgegeben. „Wir haben erfahren, dass die Eltern, die zum weitaus grössten Teil ausländischer Herkunft sind, sehr zahlreich in die Schule kommen, wenn dies nicht bloss auf einer informativen Ebene passiert, sondern wenn Begegnungen und Aktivitäten gemeinsam mit den Kindern stattfinden.“ Zudem mache es grossen Sinn, den Eltern und der Quartierbevölkerung die Haltung der Lehrpersonen in Bezug auf gegenseitigen Respekt, Wohlwollen und Toleranz in dieser Form näher zu bringen. Dass auch die Vertrauensbasis zwischen Lehrpersonen und SchülerInnen durch diese Projektwoche gestärkt wurde, zeigte sich unter anderem daran, dass ein tamilischer Junge einer Lehrperson seine Probleme mit seinem Vater anvertraute. Auch die Schulleiterin suchte gemeinsam mit Lehrpersonen nun bewusster den Kontakt mit ausländischen Eltern schwieriger SchülerInnen. „Uns Lehrpersonen hat es gut getan, mal wieder ein gemeinsames, grösseres Projekt anzupacken, es durchzuziehen und zu spüren, wie gut die Zusammenarbeit klappt“, so Monika Portmann.

Die Finanzen

  • Gesamtkosten: 14'800 Franken
    • davon Personalkosten 12'400 Franken
    • davon Sachausgaben 2'400 Franken
  • Schulfonds, Stiftung Bildung und Entwicklung: 6'500 Franken

Noch ein paar Tipps

  • Unbedingt frühzeitig Planen, mindestens ein halbes Jahr im Voraus
  • Begleitung und fortlaufende Evaluation der Projektgruppe ist wichtig, damit Änderungsvorschläge direkt aufgenommen und ausgeführt werden können.
  • Mit Flexibilität auf unterschiedliche Begebenheiten und Bedürfnisse reagieren.

Kontakt
Monika Portmann, Schulhaus Grenzhof, Bernstrasse, 6003 Luzern, Telefon: 041 250 45 25, Mobil: 079 337 07 04, Fax: 041 250 46 25

 
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